Noruz, oder auch
Nowruz, ist das altpersische Neujahrsfest zarathustrischen Ursprungs, das am 20. oder 21. März gefeiert wird. Noruz wird oft auch als das
Persische Neujahrsfest bezeichnet. Der Frühlingsanfang und zugleich das persische Neujahr richten sich nach der jährlichen Frühlings-Tagundnachtgleiche, an dem die Sonne senkrecht über dem Äquator steht. Noruz gehört mit Abstand zu den wichtigsten Feierlichkeiten und Ereignissen in der persischen Kultur und wird seit mindestens 3000 Jahren von allen iranischen Völkern zelebriert.
Etymologie
Noruz besteht aus zwei Wörtern, dem No und dem Ruz.
No bedeutet Neu und entwickelte sich aus dem Altpersischen Nava. Das persische Wort No ist verwandt mit dem deutschen Wort Neu oder englischen New, die alle aus dem Ur-indogermanischen entstanden sind.
Ruz bedeutet Tag und entwickelte sich aus dem ur-indoiranischen Rautscha, dieses wiederum aus dem ur-indogermanischen Leuk, was "Licht" bedeutete, daher "Tag" im Persischen. Aus dem ur-indogermanischen Leuk stammen auch die Wörter Licht im Deutschen, Lux auf Latein und Light im Englischen. In den iranischen Sprachen, zu dem das Persische gehört, erfolgte eine Lautverschiebung vom "L" zum "R". In der altiranischen Sprache Avestisch wurde Rautscha ebenfalls für Licht benutzt.
Geschichte
Das Noruz-Fest ist ein altpersisches/altiranisches Neujahrsfest zarathustrischen Ursprungs und wird seit mindestens 3000 Jahren gefeiert. Noruz ist tief in der zarathustrischen Religion verankert und gehört zu den heiligsten Feierlichkeiten bzw. Zeremonien der Zarathustrier. Da die Perser und auch die meisten anderen iranischen Völker über tausende Jahre hinweg Zarathustrier waren, festigte sich Noruz nicht nur in der persischen, sondern auch in allen anderen iranischen Kulturen. Schon vor mehreren tausend Jahren wurde Noruz mit großem Aufwand gefeiert. Während der Achämenidendynastie (559 – 330 v. Chr.) markierte Noruz den offiziellen Neujahrsbeginn, der mit königlichen Festen am Hofe von Persepolis begrüßt wurde. Die Reliefs von Persepolis zeigen die Gesandten aller Völker des Perserreichs, die vermutlich zu Noruz dem persischen Großkönig die Geschenke überbrachten.
Die Britin Mary Boyce, eine international hoch anerkannte Iranistin mit Schwerpunkt Zarathustrismus, sah den Ursprung von Noruz beim Religionsstifter Zarathustra selbst. Noruz gehört neben den sechs Gahambar-Festen zu den sieben heiligsten Feierlichkeiten, wobei Noruz das Wichtigste ist. Der persische Dichter Ferdowsi berichtete in seinem im 11. Jhd. verfassten Nationalepos Schahnameh sogar davon, dass auch der legendäre König des Irans Dschamschid das Neujahrsfest Noruz am königlichen Hofe zelebrierte. Dschamschid ist einer der bedeutendsten Persönlichkeiten im Schahnameh und in zarathustrischen Texten. Die offizielle Einführung von Noruz soll auf ihn zurückgehen. Die Parsen in Indien, Perser die vor den Arabern im 7. Jhd. geflohen waren, nennen daher Noruz bis heute noch Dschamschidieh Noruz.
Heute wird Noruz in mehreren Ländern offiziell gefeiert. Darunter zählen neben Iran, Afghanistan und Tadschikistan, auch Nord-Irak (Kurdengebiete), Kasachstan, Kirgistan, Aserbaidschan, Usbekistan, Turkmenistan, Türkei und inoffiziell oder eingeschränkt akzeptiert in einigen anderen asiatischen Staaten. Abgesehen von den Zarathustriern selbst, nimmt Noruz auch bei den folgenden ethnischen oder religiösen Gruppen oder Ländern eine besondere Stellung ein: Indien, Kurden, Sufis, Bahais, Armenien, Bosnien, Georgien, Mazedonien, Pakistan, Serbien, bei den Uiguren in China, in Russland und einigen arabischen Ländern wie Syrien. Nach Angaben der UN feiern jährlich mehr als 300 Mio. Menschen das persische Neujahrsfest Noruz.
Am 30. September 2009 nahm die UNESCO Noruz in die Liste des Menschheitskulturerbes bzw. UNESCO-Welterbes auf. Am 23. Februar 2010 wurde von der Generalversammlung der Vereinten Nationen der 21. März zum Internationalen Noruz-Tag erklärt:
Zitat aus dem Originaltext der Vereinten Nationen:
"The General Assembly this afternoon recognized the International Day of Nowruz, a spring festival of Persian origin,[...] Nowruz, which means new day, is celebrated on 21 March, the day of the vernal equinox, by more than 300 million people worldwide as the beginning of the new year [...]" Offizielle Erklärung der Vereinten Nationen
Übersetzung:
"Die Generalversammlung erkannte diesen Nachmittag den Internationalen Noruz-Tag an, ein Frühjahrsfest mit persischem Ursprung, [...] Noruz, das Neuer Tag bedeutet, wird am 21. März, dem Tag der Frühlings-Tagundnachtgleiche, von mehr als 300 Millionen Menschen weltweit als der Beginn des neuen Jahres gefeiert [...]"
Haft Sin
Der wohl am weitesten verbreitete Brauch ist der Haft-Sin Tisch. Das Haft-Sin steht für den gedeckten Tisch mit den "Sieben-S" Zutaten und Objekten. Das persische Haft bedeutet "Sieben", das Sin ist der persische Buchstabe "S". Dabei gibt es traditionell mehr oder minder festgelegte Zutaten bzw. Objekte, die auf jedem Tisch stehen sollten. Dazu zählen unter anderem:
- Sabzi: Gräser (wörtlich Grünzeug) aus Weizen- oder Linsenkörnern. Symbol für das neue Leben.
- Sir: Knoblauch. Symbol für die Medizin.
- Sib: Äpfel. Symbol für die Schönheit und Gesundheit.
- Serkeh: Essig. Symbol für die Geduld und das Alter.
- Samanu: süsse und selbstgemachte Mehlspeise. Symbol für gute Ernte.
- Sendsched: die getrockneten Früchte der schmalblättrigen Ölweide. Symbol für die Liebe.
- Seke: Münzgeld. Symbol für Reichtum.
Weitere zumeist verwendete Zutaten oder Objekte sind:
- Somāq: Getrockneter und gemahlener Gewürzsumach. Symbol für den Sonnenaufgang.
- Sonbol: Hyazinthen. Symbol für die Natur.
- Persische Süssigkeiten und Backwaren: z.B. Noqle, Sohan, Biscuits, Gaz, etc.
- Ādschil: Getrocknete Nüsse und Beeren
- Kerzen: das Feuer ist ein heiliges Symbol im Zarathustrismus. Symbol für Licht und Fröhlichkeit. Oft werden soviele Kerzen aufgestellt, wie Personen im Haushalt.
- Spiegel: Symbol für die Wahrheit, Ehrlichkeit und Reinheit.
- Bemalte Eier: Symbol für die Fruchtbarkeit
- Goldfische: die Goldfische gehören zu den ältesten Objekten des Haft-Sin Tisches, da ihnen im Zarathustrismus eine besondere Bedeutung zukommt. Sie stehen symbolhaft für den Kara Māhi, dem Kara Fisch, aus dem Vourukascha See, einem mythischen Fisch der gegen schädliche Kreaturen kämpfte.
- Rosenwaser: dem Rosenwaser wird eine heilende und wohltuende Wirkung zugesprochen.
- Heiliges Buch: z.B. Avesta, Koran, Bibel, abhängig von der Glaubensrichtung. Traditionell korrekt wäre jedoch nur die Avesta, da es sich hierbei um ein zarathustrisches Fest handelt. Verwendet werden jedoch auch poetische Bücher wie der Divan-e Hafez von Hafez oder das Nationalepos Schahnameh von Ferdowsi.
Tschahar-Schanbe-Suri
Am Abend des letzten Mittwochs vor dem Noruz wird das Tschāhār-Schanbe-Suri gefeiert und das Mittwochsfeuer angezündet. Tschahar-Schanbe bedeutet Mittwoch, Suri Röte oder hier sinngemäß Feuer. Das Tschahar-Schanbe-Suri gehört zu den bedeutendsten Ritualen der Noruz-Feierlichkeiten. Dabei spielt das Feuer eine große Rolle, da das Feuer das zentrale und heiligste Symbol im Zarathustrismus ist. Es steht symbolhaft für Gott, ein heiliges Element das Leben erschafft und zerstört. Es werden große und kleine Feuer entzündet, über die dann gesprungen wird, währenddessen dem Feuer Gesänge zugerufen werden. Ein Gesang entwickelte sich im Laufe der Zeit zum traditionellen Spruch, den man dem Feuer zurief: "Sorchi-je to az man, Zardi-je man az to". Übersetzt bedeutet dies: "Meine Schwäche (Krankheit) an dich, deine Stärke an mich". Im Zarathustrismus wird empfohlen, dass jeder mindestens einmal übers Feuer springt. Da es für Kinder zu gefährlich ist, über ein offenes Feuer zu springen, werden kleine Feuer angezündet. Die Eltern nehmen dann die Kinder an den Händen und heben sie im sicheren Abstand übers Feuer. In Persien werden in den letzten Jahren auch zusätzlich vermehrt Feuerwerkskörper benutzt.
Sizdah-Bedar, das am 13. Tag nach dem Neujahr stattfindet, markiert das Ende der rund 2 Wochen andauernden Feierlichkeiten des Noruz. Wörtlich übersetzt bedeutet Sizdah-Bedar soviel wie "die 13 zur Tür hinaus", da es sich bei der "Dreizehn", wie auch in einigen anderen Kulturkreisen oder Religionen, um eine Unglückszahl handelt. Sinngemäß bedeutet Sizdah-Bedar "den dreizehnten Tag passieren lassen" oder "wegschicken". Am dreizehnten Tag nach Noruz sollen auch die "bösen Geister" oder die Div´s die Häuser besuchen, Dämonen des Teufels Ahriman, dem Widersacher des Gottes Ahura Mazda. Dieser Tag wird daher zumeist in der freien Natur, in Parks oder mit Ausflügen verbracht, an dem die Familie zusammenkommt. Beliebt sind Picknicks in Parks oder in der freien Natur an Flüssen. An diesem Tag wird auch der Haft-Sin Tisch abgedeckt. Die Süssigkeiten sind rasch von den Kindern gegessen. Die Gräser werden büschelweise zusammengeknotet, während man sich etwas wünscht. Anschließend werden diese in einen fließenden Fluss geworfen, ohne ihnen nachzusehen, da dies Unglück bringen soll. Die Goldfische werden traditionell ebenfalls freigelassen. Im Baq-e Eram Garten in Schiraz ist dies besonders beeindruckend sichtbar, da sich dort im Fischteich mitterweile mehrere tausend Goldfische tummeln, von denen manche eine beträchtliche Größe erreicht haben.
Neujahrsessen
Das traditionelle Neujahrsessen ist Sabzi Polo Māhi, Reis mit grünen Kräutern und gebratenem Fisch.
Chuneh-Tekouni
Chuneh-Tekouni, das "Haus-wackeln" bzw. der "Hausputz", findet traditionell vor den Noruz-Feierlichkeiten statt. Dabei wird das ganze Haus geputzt, Staub gewischt, die Fenster geputzt, neue Einrichtung und meistens auch neue Kleider gekauft. Der Frühjahrsputz wird von allen iranischen Völkern durchgeführt. Dies ist symbolhaft für das neue Leben oder das neu erwachende Leben im Frühjahr, da auch hier die Bäume und Pflanzen neu blühen.
Hadschi-Piruz
Noruz wird von Hādschi-Piruz, dem "Herrn des Erfolgs", früher Chwādscha Piruz, eingeleitet. Der zumeist sehr lustige Mann mit schwarz geschminktem Gesicht, rotem Gewand und langer Mütze gehört zu den beliebtesten Figuren des Noruz. Hadschi Piruz symbolisiert vermutlich dabei die sumerische Gottheit des Opfers Domuzi, der vor jedem Noruz stirbt und danach wieder zum Leben erwacht. Diese Figur wurde höchstwahrscheinlich von der mesopotamischen Kultur adoptiert, "iranisiert" und weitergeführt, währenddessen bei den nicht-iranischen Völkern Mesopotamiens sich diese Figur verliert.
Nichtsdestotrotz stellt Hadschi-Piruz eine lustige, aufmunternde und beliebte Figur dar, die singend und scherzend die Gemüter der Zuschauer erfreut. Der wohl beliebteste Gesang von Hadschi-Piruz ist:
Persisch:
Arbāb-e chodam salām o aleikom
Arbāb-e chodam sare to bālā kon
Arbāb-e chodam be man negā kon
Arbāb-e chodam lotfi be mā kon
Arbāb-e chodam boz-boz-e qandi
Arbāb-e chodam cherā nemichandi
Deutsch:
Mein Herr ich grüße dich
Kopf hoch mein Herr
Schau mich an mein Herr
Tu mir einen Gefallen mein Herr
Mein Herr, der Hirt der Ziegen
Wieso lachst du nicht mein Herr
Amu Noruz
Eine weitere Figur des Noruz ist der Amu Noruz, der "Onkel Noruz". Amu Noruz ist eine sehr mythische und alte Figur in der iranischen Mythologie und symbolisiert die Freundschaft, Liebe und Barmherzigkeit. Zumeist ist dieser in einem weißen Gewand gekleidet, mit einer langen Mütze und trägt einen langen weißen Bart. Dies lässt die Vermutung zu, dass es sich hierbei möglicherweise um einen zarathustrischen Priester handelte.
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